Kommunikation politischer Inhalte bleibt anspruchsvoll

Haben Printmedien Zukunft?

«Junge interessieren sich nicht mehr für Nachrichten» betitelt der Tagesanzeiger Ende Oktober 2022 einen Artikel der SDA. Darin wird die zunehmende Nachrichten-Abstinenz der Bevölkerung – vor allem der jungen Erwachsenen zwischen 19 und 24 Jahren – beklagt. Das Forschungszentrum für Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög), welches die Studie in seinem «Jahrbuch Qualität der Medien 2022» publiziert hat, kommt gar zum Schluss, dass dies Auswirkungen auf die Demokratie habe.

Tatsächlich kann die Nachricht beunruhigen, das junge Erwachsene im Schnitt pro Tag gerade einmal 7 Minuten Nachrichten konsumieren. Ob dies für eine fundierte Meinungsbildung genügt, darf tatsächlich bezweifelt werden. Die Studienverfasser konstatieren schliesslich, dass die Mediennutzung einen Einfluss auf die Stimmbeteiligung habe. Die Stimmbeteiligung sei bei den Nutzern traditioneller Medien (Zeitungen, Radio, Fernsehen) drastisch höher (70%) als bei den Personen, die «mit Nachrichten unterversorgt» sind (30%). Jeder gestandene Demokrat müsse ob dieser Diagnose Alarm schlagen.  

Die Frage nach dem Huhn oder dem Ei

Eigentlich tönt das Fazit der Forschenden am Fög plausibel. Gut informierte Personen sind auch am politischen Leben interessiert und beteiligen sich. Der Aufruf zur Förderung der Medienkompetenz in den Schulen und die Steigerung der Kompetenzen für Journalist:innen zur Vermittlung qualitativ hochstehender Inhalte über digitale Kanäle, erscheint plausibel. Auch die Forderung nach einer neuen politischen Vorlage zur Finanzierung der Medien und angrenzender Organisationen ist nachvollziehbar. Schliesslich geht es um nichts weniger als den Schutz der Demokratie.

Ausgeblendet wird allerdings die Frage nach Ursache und Wirkung. Immerhin könnte es ja auch so sein, dass Personen die am politischen Leben interessiert sind, sich auch mehr informieren. Dass also der Nachrichtenkonsum nicht die Ursache für politisches Interesse ist, sondern das Resultat.

Die Vermittlung von politischen Inhalten bleibt anspruchsvoll

Die Verlagerung der Informations- und Kommunikationskanäle in den virtuellen Raum ist zwar bequem und der Nachrichtenkonsum kann «massgeschneidert» erfolgen. Es besteht jedoch auch die Gefahr, dass sich immer mehr Menschen in eigentlichen «Informationsblasen» bewegen. Die Vermittlung politischer Inhalte – z.B. im Rahmen einer Wahl- oder Abstimmungskampagne – wird darum anspruchsvoller, weil die Fragmentierung der Zielgruppen und der Kanäle deutlich stärker geworden ist.

Es genügt deshalb nicht, die Kommunikationsmassnahmen aus dem Analogen telquel ins Digitale zu übertragen. Die Abstimmung der Inhalte und Botschaften auf die einzelne Zielgruppe, ist von entscheidender Bedeutung. Und längst nicht alle Zielgruppen lassen sich über diese Medien erreichen – vor allem nicht jene Personen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit wählen oder abstimmen. Das sind oft diejenigen, die sich für Nachrichten interessieren und sich in hohem Mass im analogen Raum informieren. So bestätigt es zumindest die Studie des Fög.