Analyse einer Analyse

Im @tagesanzeiger von heute ist eine Analyse von Marius Huber zur #Steuervorlage17 nachzulesen. Der abgedruckte Text ruft geradezu nach einer Richtigstellung.

Der Titel lässt darauf schliessen, dass er einen positiven Artikel zur Vorlage verfassen wollte. Geglückt ist dies aber nur mässig. Es ist ihm nicht gelungen, seine persönliche Haltung zu verbergen und die Vorlage mit der notwendigen journalistischen Distanz zu analysieren. So führt er zwar Argumente der Befürworter auf, relativiert diese aber sogleich wieder. Die Argumente der Gegner bleiben dagegen unreflektiert und unkommentiert. Das ist – mit Verlaub – keine journalistische Meisterleistung.

Komplizierte Vorlage mit Variablen

Zugegeben: die Vorlage ist kompliziert. Und die Auswirkungen lassen sich nur abschätzen. Das gilt aber auch für die Annahmen der Gegner. Nur liegen die Annahmen der Befürworter schon länger vor (BAK Studie vom Juli 2018). Und sie stammen von einer renommierten Institution. Sie dürfen also zurecht als seriös betrachtet werden. In beiden Fällen (bei einem Ja und bei einem Nein) geht die Studie davon aus, das die heute privilegiert besteuerten Unternehmen auf das Resultat der Abstimmung reagieren werden. Und wie Marius Huber selber feststellt, dass „sie relativ wenig Personal beschäftigen und daher wesentlich mobiler sind als andere Betriebe“. Tatsache ist auch, dass das steuergünstige Baar gerade mal eine Bahnstation von Horgen entfernt ist. Der Zugang zu Fachkräften, die Nähe zu den Bildungsinstitutionen und zum Flughafen ist also auch dort gegeben. Die S24 fährt halbstündlich direkt dorthin.

Wer also glaubt, gerade diese Firmen hätten nicht einen Plan B in der Schublade, der ab dem 2. September zur Anwendung kommt, der muss sich den Vorwurf der Naivität gefallen lassen. Diese Unternehmen warten schon zu lange auf berechenbare Rahmenbedingungen in der Schweiz und im Kanton Zürich. Einen „Zürcher-Bonus“ sind sie bereit zu zahlen, sonst wären sie schon lange weg. Noch länger werden sie aber nicht abwarten, zumal nicht klar ist, was dann herauskommen wird. Und eine doppelte oder dreifache Steuerbelastung werden sie auch nicht hinnehmen und die Konsequenzen ziehen. Unter diesen Umständen wäre auch „ein neuer Deal“ nicht mehr nötig, auf den die Gegner hoffen. Dies schlicht deshalb, weil der Gegenstand um den verhandelt werden soll abhanden gekommen ist.

Die Konkurrenz schläft nicht

Im Beitrag beklagt Marius Huber auch, dass sich die Schweiz in die „Abhängigkeit“ internationaler Steueroptimierer gebracht habe (selber Schuld also, dass man nun im Zugzwang ist). Grosszügig geht er darüber hinweg, dass diese über Jahre erhebliche Steuererträge gezahlt haben und damit zum Erhalt und Ausbau unserer Infrastruktur einen überproportionalen Beitrag geleistet haben. Verschwiegen wird auch, dass nicht nur die umliegenden Kantone mit viel weitergehenden Steuersenkungen diese Unternehmen zu halten oder anzulocken versuchen, sondern praktisch alle Länder um die Ansiedlung solcher Firmen buhlen. Und dies keineswegs in Hinterzimmern, sondern offensiv in den Konzernzentralen mit international anerkannten Steuervergünstigungen (welche wir nach der STAF-Abstimmung nun auch anwenden können) und noch viel weitergehenden „Goodies“. Diesbezüglich ist die Schweiz (und vor allem der Kanton Zürich) geradezu ein Musterknabe. Auf jeden Fall heizt Zürich den Steuerwettbewerb nicht an, weil eben andere Faktoren für unseren Kanton sprechen.

Deshalb hinkt auch der Vergleich mit dem Game. Es geht nicht darum, dass man auf ein besseres Blatt hoffen kann, das sogleich verteilt wird. Das Spiel wird vorerst vorbei sein für Zürich. Die Karten werden ein, zwei Jahre lang neu gemischt. Mitspielen werden in dieser Zeit aber andere. Und der Einkauf in die neue Runde wird für Zürich mit Bestimmtheit teurer sein.

Wer jetzt zockt, riskiert zu viel https://www.tagesanzeiger.ch/12893531